ASHTANGA YOGA Munich München.
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Thomas

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Ashtanga Yoga - Die Methode verstehen


Interview mit Manju Pattabhi Jois

Ashtanga Yoga nach K. Pattabhi Jois, der “Vater” aller dynamischen Yoga-Stile, hat den Ruf, fast ausschließlich auf Asana fokussiert und sehr rigoros zu sein. Seine Lehrer gelten als Halbgötter, die ihren Schülern beim Üben Einhalt gebieten, wenn ihnen nicht gefällt, was sie sehen. Nur die Besten und die Tapfersten können darauf hoffen, es wenigstens bis ans Ende der ersten von mehreren Serien in aufsteigendem Schwierigkeitsgrad zu schaffen. Ist das eigentlich wahr? Wir haben Manju Pattabhi Jois befragt, der Welt erfahrensten aktiven Übenden und Lehrenden des Ashtanga Yoga.


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Shri Manju Pattabhi Jois


Thomas: Shri Manju Pattabhi Jois, Sie sind ein Übender und Lehrender des Ashtanga Yoga, geboren in Indien, und Sie leben jetzt mit Ihrer Familie in Kalifornien. Ihre Yoga-Studien bei Ihrem Vater (Shri K. Pattabhi Jois) haben Sie im Alter von sieben Jahren begonnen und Sie haben im Alter von 15 Jahren begonnen, ihm in seiner Schule in Mysore (Indien) zu assistieren.
Sie üben und lehren seit ungefähr fünfzig Jahren Ashtanga Yoga, mit einer Zertifizierung vom Ashtanga Yoga Research Institute in Mysore. Sie haben bereits jahrzehntelang unterrichtet, bevor Ihr Yoga-Stil sich in den Westen verbreitete. Und Sie kennen die westliche Denkweise und Lebenseinstellung sehr gut. Sie sind wirklich eine Autorität bezüglich dieses Yoga-Stils, jemand, der Licht ins Dunkel bringen kann.
Manju, das Mantra, mit dem man die Ashtanga-Yoga-Stunde beginnt, drückt Verehrung für Patanjali und die Lehren seiner Yoga Sutras aus:

Om Vande gurunaam charaanara vinde / Sandarshita svaatma sukhaava bhodeh / Nih shreyase jaangalikaayamaane / Samsaara haalaahala mohashaantyai // Aabaahu purushaakaaram / Shankha chakraasi dhaarinam / Sahasra shirasam shvetam / Pranamaami patanjalim / Om.
(Dt.: Ich verehre die Lotusfüße des Guru, der das Glück des enthüllten Selbst erweckt. (...) Vor Patanjali (...) verneige ich mich.)

Was ist ursprünglich der Zweck dieser Übungen in Asana (Yoga-Stellungen) und Pranayama (Atemkontrolle)?
Manju: Asana erhält die Gesundheit und einen starken Körper. Pranayama hält das Atemsystem in funktionsfähigem Zustand. Ashtanga Yoga ist eine Disziplin mit acht Schritten, wie in den Yoga Sutras dargelegt. Asana und Pranayama sind Teil des achtgliedrigen Pfades (ashtau anga). Sie sind nicht einfach nur körperliche Übungen. Sie sind ein Mittel, Menschen in einem gesunden Zustand zu erhalten für das Üben von Dhyana (Meditation). Sie unterstützen also Menschen in ihrer körperlichen, geistigen und spirituellen Entwicklung.

Thomas: Verstehen wir Westler das vielleicht falsch?
Manju: Vielleicht haben Sie noch keinen guten Lehrer gefunden.

Thomas: Warum unterrichtete Ihr Vater (Shri K. Pattabhi Jois) keine Theorie?
Manju: Mein Vater hat früher Theorie unterrichtet. Er kannte all diese alten Lehren, aber er hatte so viele Schüler, und sie interessieren sich normalerweise nur dafür, Asana zu lernen, nicht für die Philosophie. Es wurde zur Mode, nach Mysore zu fahren und von meinem Vater zu lernen, aber die Leute fragten nicht nach Theorie. So konzentrierte sich mein Vater darauf, Asana zu unterrichten. Wenn man Asana übt, verändert man sich, entwickelt man sich körperlich und geistig. Ich versuche den Westlern zu helfen, die Theorie zu verstehen, und unterrichte Asana, Pranayama und Gesang (Chanting).

Thomas: Lassen Sie uns noch etwas mehr Licht werfen auf die Beziehung dieser Asana- und Pranayama-Übungen zu Gesundheitsaspekten und zum Zweck des Übens von Yoga im allgemeinen. Die erste Serie im Ashtanga Yoga ist Roga Chikitsa, also „Krankheits-Therapie“. Ich selbst bin aber beim Üben verletzt worden von einem schlecht ausgebildeten und übereifrigen Ashtanga-Yoga-Lehrer. Ich habe viele andere Schüler gesehen mit überdehnten Muskeln, Sehnen oder Bändern und ich weiß sogar von Schülern, die nach Korrekturen durch ihre Lehrer medizinische Behandlung gebraucht haben. Was halten Sie von solchen Lehrern, die versuchen, die Schüler an das Idealbild des Asana anzupassen, egal, ob der Körper dafür bereit ist oder nicht?
Manju: Die Übung des Asana sollte an die Yogi(ni)s angepasst werden - nicht umgekehrt. Es gibt viele unerfahrene Lehrer da draußen. Es ist wichtig, den Schülern in die Yoga-Stellungen zu helfen, aber wenn Sie nach einem Lehrer suchen, informieren Sie sich über seinen Hintergrund, seine Erfahrung. Sie müssen sehr vorsichtig sein.

Thomas: Viele Menschen scheinen zu glauben, beim Ashtanga Yoga gehe es um Verrenkungen und Handstände, und dass die besten Lehrer diejenigen seien, die ihre Füße auf ihre Schultern bringen können, wie in einem chinesischen Zirkus. Was halten Sie davon?
Manju: Das ist nicht richtig. Atem, der Gebrauch von Bandhas (das gezielte Einsetzen gewisser Muskeln zum Steuern des Energieflusses) und Konzentration sind die eigentlichen Kernelemente dieser Übungen. Ein Verrenkungskünstler zu sein, ist nicht das, was man braucht, um ein guter Lehrer zu sein. Man muss das richtige Verständnis haben.

Thomas: Viele Lehrer hier in Deutschland denken, dass Ashtanga Yoga sehr rigoros sein muss. Wenn ein Schüler in einem Asana „versagt“, werden diese Lehrer ihn stoppen, mit den Übungen nicht weitermachen lassen, auch wenn er all die Asanas kann, die in der Serie folgen (vielleicht wird er das nie erfahren). Was halten Sie davon?
Manju: Ein Lehrer, der Sie stoppt, ist ein schlechter Lehrer. Der Lehrer muss die Schüler ermutigen und ihnen eine andere Stellung zum Probieren geben. Es gibt immer eine andere Möglichkeit. Wissen hat keine Begrenzung. Ein Lehrer muss gerne geben. Das habe ich als Junge in Mysore gelernt und das habe ich später unterrichtet.


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Manju als Junge in Mysore in den 1950er Jahren


Thomas: Wie hat Ihr Vater ursprünglich in seiner Yoga-Schule in Mysore unterrichtet?
Manju: Mein Vater war nicht so rigoros. Ein guter Lehrer hat Freude am Geben. Mein Vater hatte diese Eigenschaft. Es machte Spaß, bei ihm zu lernen.

Thomas: Als ich im Jahr 2006 die Schule Ihres Vaters in Mysore besucht habe, schien er einen rigorosen Ansatz zu haben. Die Schüler wurden gestoppt, wenn sie nicht beherrschten, was sie taten und zuviel Aufmerksamkeit von den Lehrern brauchten. Aber das schien mir angebracht zu sein für einen Neunzigjährigen mit 65 Schülern. Er musste effizient sein.
Manju: Es war früher überhaupt nicht so. Mein Vater liebte es, zu unterrichten. Er liebte es, Leute weiter zu bringen. Aber es gibt jetzt zu viele Schüler. Es ist schwer, so vielen Menschen Aufmerksamkeit zu geben. Ursprünglich gab mein Vater konstante Aufsicht, aber es wurde alles zu groß. Um der Effizienz willen musste er Regeln einführen. Für junge Lehrer, die nur eine Handvoll Schüler haben, ist dieser Ansatz aber nicht angebracht. Die Leute meinen das nur, weil sie die Gründe nicht verstehen.

Thomas: Was halten Sie von Lehrern hier im Westen, die sich dazu berechtigt fühlen, Übende zu stoppen, die einfach keine Informationen teilen oder ihren Schülern keine Modifikationen bieten?
Manju: Das ist nicht angebracht. Wenn man Menschen stoppt, zerstört man ihre Motivation. Man nimmt ihnen die Möglichkeit, sich zu entwickeln. Das ist absolut schlecht. Diese Lehrer verstehen nicht, um was es bei diesen Übungen geht. Man soll die Schüler niemals stoppen, sondern sie ermutigen. Dann werden die Menschen einen lieben.

Thomas: Stellen solche Lehrer ihr Ego über den Fortschritt ihrer Schüler?
Manju: Ja, es ist ihr Ego. Sie versuchen, die Schüler unter ihre Kontrolle zu bringen. Und das ist auch der Grund, warum wir jetzt außer dem Ashtanga Yoga so viele andere Yoga-Stile haben, weil die Schüler dieses Yoga lieben, aber nicht in dieser Weise kontrolliert werden wollen.

Thomas: Sollten wir Lehrer versuchen, so viel wie möglich von unserem Wissen mitzuteilen, und sollten wir den Schülern Modifikationen geben, damit sie in ihrer Entwicklung weiterkommen können?
Manju: Wir sollten Modifikationen geben. Das ist es, was ein guter Lehrer seinen Schülern geben kann, Modifikationen.

Thomas: Auf alten Bildern von Yoga-Schulen in Indien sind die Schüler Jungen oder junge Männer. Die Ashtanga Yoga Asana-Übungen scheinen auch zu kräftigen jungen Menschen zu passen. Aber wenn wir das Üben von Asana verstehen als ein Mittel zur Förderung der Gesundheit (Roga Chikitsa, Krankheits-Therapie), scheint es, dass insbesondere ältere oder gebrechliche Menschen davon am meisten profitieren könnten. Kann dieses phantastische System aus Asana und Pranayama auch geübt werden von Menschen, die nicht kräftig und nicht 20 Jahre alt sind?
Manju: Ja. Alle Menschen können es üben. Alt, krank – alle können es üben. Wer einmal damit anfängt, wird davon profitieren.

Thomas: Ist es zulässig, Yoga-Stellungen zu modifizieren für Menschen, die mit Entschlossenheit üben, die aber einfach ein gewisses Handicap haben?
Manju: Ja, immer, immer modifizieren, um es den Menschen zu ermöglichen, Yoga-Stellungen zu erfahren. Der Lehrer muss das umsetzen.

Thomas: Als ich indischen Schülern zugesehen habe beim Üben der Ashtanga Yoga-Asanas, schienen sie sich wesentlich weniger zu kümmern um Perfektion und „entspannter“ zu sein. Viele Westler denken, dass sie selbst „härter arbeiten“. Geht das am Wesen der Übungen vorbei?
Manju: Ja. Es gehört zur indischen Kultur, Yoga zu lernen und es am Morgen zu üben. Wir pushen uns nicht so in Asanas. Sie (die Westler) machen sich fertig. Sie treiben sich zu sehr an. Das ist eine verkehrte Einstellung.

Thomas: Nach dem, was Sie sagen, scheint es, dass es seit den 1970er Jahren eine große Veränderung gegeben hat in dem Stil, in dem Ashtanga Yoga unterrichtet wurde. Was ist da passiert in den 1980ern, 1990ern?
Manju: Es hat alles etwas mit dem Beaufsichtigen zu tun. Als mein Vater und ich 1975 in die USA kamen, haben wir Asana, Pranayama und Gesang (Chanting) an eine Handvoll Schüler unterrichtet. Aber heute ist es schwer, so vielen Schülern Aufmerksamkeit zu geben. Jeder kann seine Matte ausrollen. Mein Vater hat ursprünglich konstant alles beaufsichtigt, aber es wurde alles zu groß. Er musste strengere Regeln einführen.


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Vidwan Shri K. Pattabhi Jois, Shri Manju Pattabhi Jois
im Ashtanga Yoga Nilaya in Mysore



Thomas: Meine Frage bezog sich auch noch auf etwas Anderes. Denken Sie, dass die Schüler aus dem Westen das Ashtanga Yoga in Mysore allmählich in eine Zirkuskunst verwandelt haben, mit westlichen Egos, die einander zu übertrumpfen versuchten, wetteifernd, sich zu beweisen und Anerkennung suchend z. B. dadurch, dass sie Yoga-Stellungen aus der Weiterführenden Serie (wie Handstände) in die Erste Serie einfügten?
Manju: Ja. Die Schüler aus dem Westen mögen es, alles zu verändern, und Jeder will seinen eigenen Stil entwickeln. Sie übertreiben es, weil sie Ruhm und Erfolg wollen.

Thomas: Haben Leute, die Ashtanga Yoga in den 1980er, 1990er Jahren zu lernen begonnen haben, so etwas wie eine „reduzierte“ Version des Originals erfahren?
Manju: Ja. Die, die nach 1985 dazugekommen sind, wissen nicht, was sie tun. Viele von denen, die später gekommen sind, sind Gehirnwäscher und Selbstverliebte, die gerne Andere unter ihrer Kontrolle haben.

Thomas: Was halten Sie von westlichen Lehrern, die von sich sagen, sie (oder ihr jeweiliger westlicher Meister) seien diejenigen, die das „wahre“, „authentische“, „pure“ Ashtanga Yoga lehrten und Andere schlecht machen?
Manju: Sie haben alle unrecht. Bitte halten Sie sich fern von diesen Charaktertypen, die Andere schlecht machen. Die werden keinen Erfolg haben.

Thomas: Gibt es noch etwas Anderes, das Sie als ein echter indischer Ashtanga Yoga-Meister uns westlichen Schülern sagen wollen?
Manju: Ich nenne mich selbst nicht einen Meister. Ich bin nur der Überbringer einer Botschaft. Ich versuche mich an das zu halten, was ich als Kind gelernt habe. Ich versuche die Westler dazu zu bekommen, dass sie die Methode verstehen, indem ich sie in der ursprünglichen Weise unterrichte.

Zitate, auch auszugsweise, sind nicht zulässig ohne unsere schriftliche Genehmigung.

Vielen Dank an Tom Hoppel für seine Unterstützung.


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